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blindschleiche

blindschleiche

Tintenvergleich: Lamy Blau-Schwarz vs. Noodler's

Wenn man manchen Tests und unzähligen Blog-Einträgen Glauben schenkt, dann sind die “bulletproof” und “eternal” Tinten von Noodler’s soetwas wie der heilige Gral der Füllertinten. PH-neutral, füllfederhalterfreundlich, leicht abspülbar aber unzerstörbar sobald sie einmal mit Papier in Kontakt gekommen sind.

Wasser, Tintenkiller, Bleichmittel und UV-Licht soll ihnen nichts anhaben können und zudem sollen sie perfekt auch auf Zeitungspapier schreiben.

Wunderbar, das klingt doch sehr vielversprechend. Also habe ich mir mal Schwarz und preußisch Blau (beide als bulletproof deklariert) beim einzigen(?) dt. Händler dafür missing-pen.de bestellt und damit ich 29EUR überschreite und kein Porto zahlen muß noch ein Fäßchen Lamy Blau-Schwarz (hauptsächlich war ich auf die durchdachte Form des Behälters aus) dazu.

Nachdem die Lieferung da war habe ich erstmal einen kleinen Testabsatz mit beiden geschrieben. Ergebnis, das Schwarz ist sehr schwarz und zeigt kaum Schattierungen, PRUBLU (prussian blue) ist eher cyan und für meine Augen zu langweilig. Also noch eine 50-50 Mischung der Tinten was zu einem etwas hellerem Schwarz mit einer winzigen Blaunuance geführt hat und mir recht zusagte.

Das Testblatt kurz trocknen lassen und ab damit in’s Wasser. Nach einiger Zeit wieder rauß und begutachtet; keine Veränderung feststellbar. Die mitgetestete Probe mit Pelikan 4001 Brilliant-Schwarz war danach nicht mehr brauchbar. Hm, feine Sache diese Noodler’s.

Am nächsten Tag dann mit der 50-50 Mischung im Büro: Erst einen Notitzzettel damit beschrieben und anschließend in die Hand genommen; verwischt. OK, muß wohl etwas länger trocknen und vielleicht waren die Finger auch ein wenig zu feucht. Dann verschiedene Notizen auf einem Block, ein paar Stunden (!) später aus versehen mit dem Handballen über das Geschriebene; verwischt (und ich bin niemand mit notorischen Schweißhänden).

Das ganze etwas wissenschaftlicher: Ein paar Kreuze auf’s Papier und nach verschieden langen Trockenzeiten mit dem leicht feuchten Finger darüber gefahren. Egal ob 5min, 1h oder 24h die Noodler’s Proben sind immer verwischt und das z.T. wesentlich stärker als bei der parallel dazu getesteten Pelikan 4001, die beim anfänglichen Untertauchtest so desaströs abgeschnitten hat. Hm, komisch.

Vielleicht liegt es ja an der Mischung. Also Abends den Füller gereinigt und mit Noodler’s bulletproof black pur gefüllt. Am nächsten Tag wieder dasselbe Verhalten. Plötzlich Schmierer an bereits vor längerem Geschriebenen. Tja wie kann das sein?

Abends Tinte rauß, Füller gereinigt und Lamy Blau-Schwarz hinein. Und siehe da, schon nach wenigen Sekunden, keinerlei Verschmieren. Und der Wassertest am Abend offenbart, daß sie keinen Deut weniger wasserfest ist als die kugelsicheren Noodler’s-Tinten. Wenn man ihr Zeit zum Trocknen läßt, dann ist sie sogar auf hochglänzendem Papier (Kalenderblatt) rubbel- und wasserfest. Auf dem selben Papier kann man die Noodler’s auch noch nach einem Tag fast komplett abreiben.

Wie kann das sein, daß die Supertinte auf ihrem ureigensten Gebiet so schlecht gegen eine 08/15-Tine abschneidet?

Etwas recherchiert und zu den folgenden Erkenntnissen gelangt:

Die Lamy Blau-Schwarz ist zwar ein Klassiker aber für heutige Maßstäbe keine 08/15-Tinte, sie ist eine Eisengallustinte.

Wenn man dazu etwas herumsucht, dann findet man unterschiedlichsten die Aussagen. “Wenn man schon Eisengallustinte im Füller verwendet, dann nur in solchen mit Goldfedern die man wöchentlich reinigt sonst droht Korrosion”, “Eisengallustinte führt zu Tintenfraß auf dem Papier”, “Eisengallustinte ist durch die Noodler’s obsolet geworden”, “Kolbenfüller verschleißen durch die Schleifwirkung der Partikel”. Aber man findet auch Aussagen wie “Lamy Blau-Schwarz benutze ich seit Urzeiten und habe noch nie ein Problem feststellen können”, “heutige Eisengallustinte kann man nicht mit der von vor hundert Jahren vergleichen, sie ist viel zahmer”, “Tintenfraß ist stärker durch saueres Papier als durch sauere Tinte verursacht”.

Montblanc schreibt wohl zu seiner Blau-Schwarzen Tinte (die angeblich identisch ist zu der Lamy), daß man Füller die damit befüllt werden öfter mal reinigen soll, Lamy schreibt nichts zu dem Thema.

Zur Noodler’s eternal Tinten findet man, daß diese eine Technologie verwenden wie sie auch bei Textilfarbe gebräuchlich ist. Wasserlösliche Farbstoffe die sich beim Kontakt mit Zellulose mit dieser nahezu unlösbar verbinden von anderen Materialien aber leicht abspühlbar sind.

Das Verwischproblem bei den Noodler’s Tinten ist vermutlich dadurch bedingt, daß überhaupt nicht alle Farbstoffe direkt mit dem Papier in Verbindung kommen und damit auch nicht mit diesem reagieren können. Einige Farbpigmente liegen dann auf der unteren Farbschicht auf und diese lassen sich auch noch nach Tagen relativ einfach wegwischen, was erstmal nicht so schlimm wäre, aber durch das Verwischen kommen sie in Kontakt mit dem Papier, verbinden sich dort mit diesem und bleiben als “eternal” Schmierer auf dem Papier.

Diese Theorie läßt sich auch dadurch bekräftigen, daß es auf saugfähigem Zeitungspapier zu keinerlei Verwischen kommt, und daß sich das Verdünnen der Tinte mit Wasser vorteilhaft auswirkt. Bei einem Mischverhältnis (Tinte zu Wasser) von 3:2 ist das Verwischproblem auf billigem Kopierpapier weitestgehend gebannt. Um aber auch auf Schreibblocks (Staufen, Milan, niceday) davon verschont zu bleiben muß man schon bis auf 1:2 (!) verdünnen und hat dann nur noch ein fahles Grau und kaum mehr Schmierung zwischen Feder und Papier.

Warum manche richtiggehend auf die Noodler’s schwören und die genannten Probleme scheinbar nicht habe ist mir ein Rätsel. Klar wenn mein Füller jetzt besonders naß schreiben würde oder ich nur mit beschichtetem Papier arbeiten würde, aber so ist es ja nicht.

Der Füller ist ein pre-1990er Pelikan M150 mit einer F-Feder und schreibt für mein dafürhalten eher trocken als naß und welches Papier auch immer ich diesseits von Zeitungspapier und Karton verwende, das Problem bleibt.

Evtl. stellt sich die Situation ja anders dar wenn erstmal meine XXF-Feder von Richard Binder hier ankommt, ich glaube es aber nicht.

Hinter dem Aufmacherbild dieses Artikels verbirgt sich der Scan eines Tests den ich gemacht habe.

Darauf zu sehen ist der angesprochene Noodler’s Mix, die einzelnen Farben separat und die blau-schwarze Lamy Tinte. Das Papier ist recht saugstark, wesentlich saugstärker als das Papier der Blocks die ich normalerweise beschreibe.

Das Geschriebene hatte 21 Stunden Zeit zum trocknen und danach kam der rechte Teil für eine Stunde unter Wasser. Nachdem das Papier wieder trocken war bin ich mit nassen Wattestäbchen (für jede Tinte ein frisches) und recht hohem Druck über die rechten 8-er gefahren.

Ergebnis: Untertauchen und trocknen lassen macht allen Farben nicht besonders viel aus, aber alle Noodler’s sind auch nach einem Tag nicht verwischfest; die Lamy schon.

Für mich ergibt sich aus diesen Experimenten und Recherchen ganz klar die folgende Konsequenz: In meine Füller kommt die Lamy Blau-Schwarz, ich achte darauf, daß die Tinte im Füller nicht eintrocknet und statt jeweils nur nachzufüllen werde ich ihn gelegentlich auch mal mit Wasser durchspülen. Ich denke damit bin ich auf der sicheren Seite und wenn nach 20 Jahren die Feder verrostet oder der Kolben versschlissen ist, dann hat das Teil bis dahin seinen Dienst erfüllt und wird einfach ersetzt.

Neben allen praktischen Vorteilen der Lamy-Tinte gefällt mir auch der Farbton und die old-school Schattierungen. Eine 2:1 Lamy:Noodler’s Mischung hat zwar einen schönen Farbton und gute Verwischfestigkeit gezeigt aber der Mix ist nicht stabil und es kommt schon nach kurzer Zeit zu Ausflockungen, was auch nicht weiter überraschend ist, das Verhindern dieser Ausfällungen ist ja genau der Grund für die Säure in Eisengallustinte.

Das Testblatt kommt jetzt erstmal ans Fenster und in ein paar Monaten wird dann geschaut wie es mit der Lichtbeständigkeit aussieht.